Über die ÜBA vom Flüchtling zum selbstständigen Unternehmer

Für Adib Jarkas war es keine Frage, ob er sich nach seiner Überbetrieblichen Lehrausbildung (ÜBA) zum Medienfachmann im ipcenter selbstständig macht; die Frage war nur, wann. Mit Jahresbeginn 2024 hat der gebürtige Syrer, der 2015 nach Österreich kam und inzwischen fast perfekt Deutsch spricht, den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt und bietet jetzt unter seinem Namen Adib Jarkas Web- und Grafikdesign für Unternehmen und Agenturen an. Dass der 25-Jährige nach seiner vielfältigen Ausbildung im ipcenter diesen Bereich auswählt, war ihm schnell klar: „Während meiner Lehrzeit habe ich jede Woche ein Logo erstellt, das war das, was mir am meisten Spaß gemacht hat.“ Und es wurde so auch das, wo sich die erworbenen Kenntnisse am deutlichsten zeigten: „Wenn man die Designs vom Anfang mit denen am Ende vergleicht, sieht man, wie groß die Fortschritte sind.“

Adibs Geschichte ist eine Erfolgsgeschichte, auch wenn er seinen Weg nach seiner Ankunft in Österreich erst finden musste: „Ich bin zwei Jahre aufs Gymnasium und eine Zeitlang aufs Abendgymnasium gegangen, bevor sich gezeigt hat, dass eine Ausbildung die bessere Option ist.“ An der ÜBA im ipcenter hat ihn sowohl der kreative Aspekt als auch die Vielfalt gereizt: Im Umgang mit Foto- und Videokamera gewinnen die Jugendlichen ebenso Routine wie in der Anwendung jener Software, mit der aus dem Rohmaterial das perfekte Bild oder Video erstellt wird; Grafikdesign steht ebenso auf dem Lehrplan wie Webdesign, die Gestaltungsmerkmale von Printmedien werden ebenso vermittelt wie die von audiovisuellen Medien. Nach der Lehrabschlussprüfung können die Medienfachleute dann zum Beispiel in Werbeagenturen, Grafikstudios, Mediengestaltungsunternehmen oder Verlagen arbeiten.

Adib Jarkas arbeitet am PCAuch Adib Jarkas hat nach Praktika in einem Papiertaschenshop und einer Druckerei ein Jahr lang in einer Agentur für Graphik gearbeitet und dabei viel praktische Erfahrung auch in jenen Bereichen gesammelt, die ihm zunächst fremd waren. „Es ist wichtig, sich aus der Komfortzone herauszubewegen und auch etwas zu machen, was einem auf den ersten Blick nicht liegt. Ich habe zum Beispiel E-Mail-Kampagnen erstellt.“ Auch den Umgang mit Kund:innen hat Adib in seiner berufspraktischen Zeit gelernt. Ein Wissen, das für ihn ebenso wichtig wie das fachliche Know-how ist. „Dass du ein guter Grafikdesigner bist, heißt nicht automatisch, dass du auch ein guter Selbstständiger bist.“

Deshalb hat Adib Jarkas vor dem Sprung zum Unternehmer noch eine Weiterbildung zum Marketingmanager gemacht, um seine Kenntnisse unter anderem in SEO (Search Engine Optimization, auf Deutsch Suchmaschinenoptimierung) und in den Algorithmen von Social-Media-Plattformen wie Tiktok und Instagram zu erweitern. Schließlich sollen die Webseiten, die er gestaltet, nicht nur ansprechend aussehen, sondern auch gefunden werden. Viele seiner Kund:innen, zu denen vor allem Selbstständige und Kleinunternehmer:innen zählten, hätten zwar bereits eine Webseite, würden sich aber mehr Sichtbarkeit wünschen, erzählt Adib. Wenn er den Auftrag bekommen hat, analysiert er daher zunächst einmal den vorhandenen Webauftritt und optimiert ihn dann entsprechend den Zielen und Angeboten seiner Kundschaft.

Dabei hat er viel dazugelernt. „Viele glauben, dass man weniger arbeiten muss, wenn man selbstständig ist. Das Gegenteil ist der Fall.“ Er habe eigentlich immer das Gefühl, noch mehr machen zu sollen. Außerdem gebe es natürlich Tätigkeiten, die nicht unbedingt reizvoll seien, aber auch erledigt werden müssten, Buchhaltung zum Beispiel. „Nicht alles, was die Selbstständigkeit betrifft, macht Spaß,“ warnt Adib angehende junge Unternehmer:innen. Wichtig sei es, erst einmal herauszufinden und genau zu definieren, was das eigene Angebot sei und ob es dafür eine Nische am Markt gebe.

Adib Jarkas mit VisitenkarteWenn es mit der Selbstständigkeit nicht auf Anhieb so klappt wie erträumt, seien positives Denken und Geduld hilfreiche Eigenschaften. Um an Fortschritte glauben zu können, hat Adib einen guten Tipp: „Es hilft zu dokumentieren, was du alles tust. Wenn du das jede Woche machst und es dir ein paar Monate später anschaust, wirst du sehen, dass du deine Zeit nicht verschwendet, sondern viel gemacht hast. Und du siehst auch, ob du weiterkommst und dich verbesserst.“ Ein weiterer Tipp von Adib: Netzwerken. Im ersten Vierteljahr seiner Selbstständigkeit sei er auf kein einziges Netzwerktreffen gegangen, erzählt er. In den vergangenen drei Wochen jedoch habe er durchschnittlich drei solcher Treffen pro Woche besucht, weil er erkannt habe, wie wichtig Kontakte zu Leuten seien, die in derselben Branche selbstständig sind. „Man fühlt sich dann nicht so allein und sieht, dass bei anderen auch nicht immer alles so funktioniert.“

Bisher ist Adib erfolgreich auf dem Weg zum Unternehmer unterwegs und glücklich darüber, dass er dank der Überbetrieblichen Lehrausbildung im ipcenter nicht nur einen Beruf erlernt hat, der ihn erfüllt, sondern auch die Kompetenzen erworben hat, die ihm ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen. Und wo möchte er in fünf Jahren sein? Wie jede:r auf Gewinn bedachte Unternehmer:in setzt Adib auf Expansion, und zwar in alle Richtungen: Er wolle nicht mehr von zu Hause aus arbeiten, sondern in ein eigenes Büro umziehen. Er wolle seine Zielgruppe und die Dienstleistungen regional erweitern, also nicht nur in Wien und Österreich, sondern vielleicht auch in Deutschland tätig sein. „Und ich möchte ein Team von mindestens fünf Personen haben, in dem wir uns gegenseitig unterstützen. Das macht Spaß und da arbeitet man glaube ich am besten.“