Denkanstoß | Bildungsprojekte

Nicht nur Deutsch, sondern noch viel mehr gelernt

Sie vermissen ihre Familie, ihre Freunde und ihr Zuhause, aber sie schauen trotz allem, was sie zurücklassen mussten, nach vorn: „Ich habe große Ziele: Ich möchte arbeiten und mich weiterentwickeln, eine Karriere aufbauen und an einem Institut lehren“, sagt Diana Blagosmyslova, die in der Ukraine eine pädagogische Ausbildung gemacht hat, bevor sie durch den Krieg aus ihrer Heimat vertrieben wurde. Zusammen mit dem Wiener Arbeitnehmer:innen Förderungsfonds (WAFF) und der für Integration und Diversität zuständigen Magistratsabteilung 17 der Stadt Wien ermöglicht ihr das ipcenter, Deutsch zu lernen, um in Österreich wenigstens an ihre beruflichen Erfahrungen anknüpfen zu können.

Seit 2022 besucht Diana Blagosmyslova zusammen mit anderen Elementarpädagog:innen aus der Ukraine Deutschkurse, daneben haben die Teilnehmer:innen praktische Erfahrungen in Wiener Kindergärten gesammelt. Jetzt haben neun von ihnen nicht nur bereits die B2-Prüfung, sondern auch die Aufnahmeprüfung an der Pädagogischen Hochschule Wien bestanden. Nach dem Abschluss können sie hier als Kindergartenpädagog:innen arbeiten.

„Ich mag Österreich und bin dankbar für die Unterstützung und Freundlichkeit“, sagt Diana Blagosmyslova. Seit ihrer Ankunft habe sich für sie viel verändert. „Ich habe mir große Mühe gegeben, Deutsch zu lernen. Ich kann mich nicht mit glänzenden Erfolgen rühmen, aber sie sind auf jeden Fall größer als vor einem Jahr.“ Ihre Kurskollegin Tetiana Yurchenko sieht die Veränderungen eher auf der persönlichen Seite: „Ich bin selbstständiger und pragmatischer geworden.” Auch Diana Muravlova hat sich in diese Richtung entwickelt: „Ich habe gelernt, viele Dinge allein zu erledigen, und neue Perspektiven entdeckt.“

Ukrainische Wareniki
Weihnachtliches Gericht aus der Ukraine: Wareniki

Eine davon ist, in der neuen Heimat Österreich Weihnachten zu feiern. Diana Muravlova hofft, dass sie Zeit mit ihrer Mutter verbringen kann, wenn diese nach Wien kommt. Diana Blagosmyslova und Tetiana Yurchenko feiern Weihnachten mit ihren Kindern, sie backen gemeinsam Kekse und spielen Brettspiele: „Wir werden Filme schauen, lachen und das Wichtigste im Leben spüren – die Liebe zueinander“, sagt Diana Blagosmyslova. Auch Tetiana Yurchenko genießt die Vorweihnachtszeit, die durch die Geburtstage ihrer Kinder Anfang Dezember eingeläutet wird. Sie bereiten ukrainische Spezialitäten zu und verbringen Zeit mit Freunden, gern auch draußen: „Ich freue mich, dass wir jetzt in Wien wohnen, wo Weihnachten mit den Märkten und der Illumination absolut zauberhaft ist.”

Borschtsch
Borschtsch

Auch zu Weihnachten wird Tetiana Yurchenko mit ihren Kindern in Wien sein. „Es wird ihre Lieblingsspeisen und ein paar Geschenke geben.” In den Ferien wollen sie eislaufen, ins Theater gehen und Freunde in Niederösterreich besuchen. Und wie wird Weihnachten traditionellerweise in der Ukraine gefeiert?  „Am Heiligabend, der für uns früher am 6. Jänner war, den wir in diesem Jahr aber am 24. Dezember feiern werden, versammelt sich die ganze Familie, und zwar nicht nur Eltern und Kinder, sondern auch viele Verwandte”, erzählt die 35-Jährige. „Es werden zwölf Speisen aufgetischt, die kein Fleisch enthalten dürfen. Dazu gehören verschiedene Wareniki, Borschtsch und Kuchen. Auf keinen Fall fehlen darf Kutja, ein süßer Brei aus gekochten Weizenkörnern mit Walnüssen, Honig, Mohn und Rosinen. Nach dem Essen werden Weihnachtslieder gesungen und Kinderspiele gespielt.”

Ukrainische Kutja
Eine der zwölf Speisen zu Weihnachten: Kutja

Mit Weihnachten verbinden die Ukrainer:innen aber nicht nur Traditionen, sondern auch Wünsche und Hoffnungen, und zwar sowohl persönliche und private als auch politische. Alle drei sind sich einig, dass sie weiter Deutsch lernen möchten, wenn möglich in einem C1-Kurs im ipcenter. „Deutsch ist nicht nur für meine Ausbildung hier in Österreich sehr wichtig, sondern auch, damit ich mich wohlfühle“, erklärt Diana Muravlova. Tetiana Yurchenko hat in der Ukraine als Englischlehrerin gearbeitet und sich immer für Fremdsprachen interessiert. Und Diana Blagosmyslova diskutiert für ihr Leben gern: „Wirtschaft, Finanzen, Politik, Psychologie, Pädagogik, Literatur und Kino… Aber im Moment kann ich über diese komplexen Themen nur auf Ukrainisch sprechen. Es besteht ein großer Wunsch, Deutsch zu lernen, um sich zu diesen Themen frei verständigen zu können.“

„Mein Wunsch ist, dass meine Familie gesund ist“, sagt Diana Muravlova. „Meine größte Hoffnung ist, dass alle Kriege in der Welt vorbei sind und dass ich meine Eltern wieder sehen kann”, sagt Tetiana Yurchenko. Auch Diana Blagosmyslovas Träume sind mit dem Ende des Krieges verbunden: „Der Krieg soll enden und unsere Soldaten müssen lebend nach Hause zurückkehren.“ Eine Hoffnung, die sich nicht auf die Ukraine beschränkt: „Ich wünsche allen Menschen Frieden, Gesundheit und Freiheit.“

 

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