internationale Projekte

Fachkräfte aus Drittstaaten: Gefunden, um zu Bleiben

Im Herbst 2023 steigen von ipcenter vermittelte Fachkräfte in Tunesien ins Flugzeug, um in Österreich ein neues Leben zu beginnen. Ein wichtiger Schritt, auch für Tünde Ofner und ihr Team „Internationale Fachkräfte“ im ipcenter: Sie haben sich in Kooperation mit einem tunesischen Partnerinstitut auf die Suche nach Menschen gemacht, die eine Ausbildung im Gesundheitsbereich haben und gern in Österreich leben und arbeiten möchten. Damit dieser Wunsch Wirklichkeit wird, helfen sie ihnen nicht nur im Vorfeld dabei, ihre Deutschkenntnisse auszubauen und bürokratische Hürden zu nehmen, sondern sie begleiten sie auch noch nach ihrer Ankunft in Österreich.

Auf dem Weg von einem Land ins andere, von einer Arbeitswelt und einer Kultur in die andere, sind die 25 Jahre Erfahrung, die das ipcenter mit Deutsch- und Integrationskursen hat, von großem Wert: „Sprache und Integration sind unsere Stärken, damit haben wir Erfahrung am österreichischen Markt”, sagt Tünde Ofner: „Das ist für unsere Kunden sehr wichtig.” Zu ihnen gehören private und öffentliche Gesundheitseinrichtungen zum Beispiel zur Lang- und Kurzzeitpflege und zur Rehabilitation in ganz Österreich. Sie tragen die Kosten der Vermittlung von der Rekrutierung der Fachkräfte über Sprachkurse bis hin zu Angeboten in den ersten Monaten.

Welche Länder kommen überhaupt für eine Vermittlung von Fachkräften nach Österreich infrage? „Wenn das Bildungsniveau in dem jeweiligen Land hoch ist, kann man die Berufe hier anerkennen lassen. Wenn es zu große Unterschiede zu Österreich gibt, lassen sie sich gar nicht nostrifizieren, dann funktioniert eine Vermittlung auch nicht”, erklärt Tünde Ofner. Tunesien gehöre zu den Ländern mit einem relativ guten Bildungssystem, das Niveau sei sehr hoch und an europäische Rahmen angepasst. Dadurch herrsche eine gewisse Gleichwertigkeit und es gebe nur noch ein paar Defizite der im Ausland abgeschlossenen Ausbildung, die in Österreich leicht nachgeholt werden können.

Das ipcenter habe auch deshalb das Augenmerk auf Tunesien gelegt, weil es keinen „Brain Drain” verursachen wolle, also keine Abwanderung von besonders gut ausgebildeten Menschen zum Schaden der Volkswirtschaft des Heimatlandes. „Wir wollen nicht aus Ländern rekrutieren, in denen selbst ein großer Mangel an Fachkräften herrscht.” Tunesien gehöre nicht dazu: Dort gebe es viele staatliche und private Hochschulen, die Ausbildungen im Gesundheitsbereich anbieten, und sehr viele Menschen, die sie absolvieren. Zugleich sei die Arbeitslosigkeit sehr hoch, und zwar auch im Gesundheitsbereich: „Die Leute finden schwer einen Arbeitsplatz und wenn sie einen finden, dann ist die Tätigkeit sehr schlecht bezahlt.” Bei diesen Bedingungen ist es gut nachvollziehbar, dass es die Fachkräfte nach Europa zieht, wo sie leicht eine Arbeitsstelle im Gesundheitsbereich finden und sich ein besseres Leben aufbauen können.

Dass ausgerechnet mit Tunesien eine Zusammenarbeit entstanden ist, verdankt das ipcenter, das seit Jahren internationale Bildungsprojekte anbietet und deshalb ein stabiles Netzwerk über die Landesgrenzen Österreichs hinaus hat, auch einem Projekt, bei dem es bereits mit dem Partner in Tunesien, einem Sprachinstitut, zusammengearbeitet hat. „Es vermittelt schon seit rund zehn Jahren erfolgreich Pflegekräfte nach Deutschland. Wir setzen das Gleiche jetzt für Österreich um”, sagt Tünde Ofner.

Da die Motivation für ein Leben in Europa wegen der hohen Arbeitslosigkeit in Tunesien sehr hoch sei, würden viele Emigrationswillige bereits in Tunesien Deutsch lernen. „Zu dem Zeitpunkt, an dem wir die Bewerber:innen kennenlernen, beherrschen sie die Sprache auf A1- oder A2-Niveau, manchmal aber auch schon auf B2-Niveau. Wir holen sie dort ab, wo sie sind, und bieten passende Deutschkurse noch im Herkunftsland an”, erklärt Tünde Ofner. Ziel ist die B2-Prüfung nach dem Österreichischen Sprachdiplom (ÖSD). Zusätzlich werden die Kandidat:innen in Online-Kursen von Österreich aus in der Fachsprache unterrichtet und es gibt Integrationsworkshops.

Wenn die Fachkräfte fit für einen Job im deutschsprachigen Teil Europas sind, beginnt für sie das Abenteuer Österreich, bei dem sie weiterhin auf Unterstützung durch das ipcenter zählen können. „In den ersten Tagen sind Behördenwege zu erledigen, es ist ein Bankkonto zu eröffnen, die Aufenthalts- und Beschäftigungsgenehmigung ist abzuholen und wir helfen dabei, sich mit der Infrastruktur vertraut zu machen”, zählt Tünde Ofner auf. Nach maximal zwei Wochen nehmen die Fachkräfte bereits ihre Arbeit auf. Auch in der Probezeit werden sie weiterhin von ipcenter betreut, wobei ihre neuen österreichischen Kolleg:innen einbezogen werden: „Wir bieten unter anderem Mentoring und zusätzlich interkulturelle Schulungen für Führungskräfte und Teambuildingmaßnahmen an, um Vorurteilen, Ängsten und Voreingenommenheit entgegenzuwirken sowie eine langfristige und nachhaltige Integration zu ermöglichen.”

Die Betreuung der Fachkräfte endet nicht beim Job, sondern erstreckt sich bis in die Freizeit: „Damit die neu Angekommenen schnell Anschluss finden und sich wohlfühlen, stellen wir zum Beispiel jemandem, der gern Fußball spielt, passende Sportvereine vor.” Dank dieser umfassenden Unterstützung sollte bereits den ersten Fachkräften aus Tunesien, die in ihrem Heimatland alle ein Bachelorstudium im Bereich Krankenpflege abgeschlossen haben, die Integration in Österreich leichtfallen. Tünde Ofner und ihr Team beschränken sich aber nicht auf den Gesundheitsbereich, sondern sind schon dabei, auch andere Fachkräfte für Österreich zu rekrutieren. So werden zum Beispiel gerade in Brasilien Menschen mit einer Ausbildung in der Gastronomie gesucht und Kooperationen auf den Philippinen und in Ägypten aufgebaut – damit auch dort die Fachkräfte gefunden werden, die wir in Österreich brauchen und die langfristig bei uns bleiben.

 

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