Selbstbewusstsein stärken, Wege finden, Türen öffnen: Power-UP!

Suad Mustafa kommt aus dem Kosovo und lebt seit fünf Jahren in Österreich. Eine Zeitlang hat er als Helfer im Bereich Klimatechnik gearbeitet, dann wurde er arbeitslos. Dank des Jugendcolleges, eines Bildungsangebots für zugewanderte junge Menschen, konnte der 20-Jährige seinen Pflichtschulabschluss machen. Sein nächstes Ziel ist eine Lehrstelle als Gebäudetechniker: „Ich möchte arbeiten!“

Laura Lupse ist 24 Jahre alt und stammt aus Rumänien. Sie wohnt seit 2019 in Wien, wo sie schon als Reinigungskraft und Bürokraft tätig war. Einen Schulabschluss hat sie (noch) nicht: „Ich war auch im Jugendcollege, aber dann war ich zwei Monate lang krank und konnte deshalb den Abschluss nicht machen.“ Das wird Laura nun nachholen und sie hat auch schon Pläne für die Zeit danach: „Ich möchte Einzelhandelskauffrau lernen, aber nicht im Lebensmittel-, sondern lieber im Modebereich.“

Was Suad Mustafa und Laura Lupse verbindet, ist neben ihrer Suche nach einem beruflichen Weg auch ihr kultureller Hintergrund: Beide gehören der Volksgruppe der Sinti und Roma an. Vor allem an Mitglieder dieser Gruppe, aber auch an andere junge Arbeitssuchende richtet sich das Programm Power-UP!, das seit März 2025 im ipcenter angeboten wird. In 6- bis 14-wöchigen Kursen soll 15- bis 25-Jährigen die Integration in den Arbeitsmarkt erleichtert werden. „Das ist unser wichtigstes Ziel“, bekräftigt Projektleiter Alexander Kubinyi. Finanziert wird Power-Up! vom Arbeitsministerium.

Den Weg in das ipcenter haben Suad Mustafa und Laura Lupse über das AMS gefunden, aber auch direkte Bewerbungen sind möglich und erwünscht. Bei Infotagen können sich Interessent:innen näher über das Kursangebot informieren. „Wir öffnen Türen und unterstützen Einzelne dabei, ihren persönlichen Berufsweg zu finden, ohne jemandem etwas aufzuzwingen“, erklärt Ioana Spataru, eine der Trainer:innen. Wie ihre Kolleg:innen Franz Janoska und Irina Elena Bellio kommt sie ebenfalls aus der Volksgruppe der Roma und bringt daher einen ähnlichen kulturellen Hintergrund wie die Hauptzielgruppe mit.

„Ich bin seit 2017 Menschenrechtstrainerin und gehöre unter anderem dem Trainer:innen-Pool vom Europarat und von Amnesty International an“, erzählt Iona. In Workshops zu Themen wie Menschenrechte und der Geschichte der Roma und Sinti sowie bei Exkursionen zum Beispiel in die Hauptbücherei, aber auch im Einzelcoaching gehe es darum, sich zu orientieren und dabei sowohl individuelle Wege zu finden als auch das Selbstbewusstsein zu stärken, um diese Wege dann auch wirklich zu beschreiten.

seitliches Gruppenfoto von Laura Lupse, Alexander Kubinyi, Iona Spataru

Im Fall von Laura Lupse, der 24-Jährigen, die erst ihren Pflichtschulabschluss und dann eine Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau machen möchte, haben sich im Coaching Alternativen aufgetan: „Bei Laura haben wir Qualitäten entdeckt, die ihr selbst gar nicht bewusst waren: Sie ist sehr ruhig und freundlich und könnte daher auch gut mit Kindern arbeiten“, erzählt die 28-jährige Trainerin. „Ich habe selbst zwei Kinder, ich liebe Kinder“, meint Laura. „In einem Kindergarten wäre es sicher anders als mit den eigenen Kindern, aber auch schön.“

Nachdem das berufliche Ziel gefunden wurde, ist der Bewerbungsprozess zu meistern. Gemeinsam werden Anschreiben und Lebenslauf erstellt und Vorstellungsgespräche geübt. „Zu sehen, wie trotz sorgfältiger Vorbereitung eine Absage nach der anderen eingeht und es scheinbar keine Chance auf ein Bewerbungsgespräch gibt, ist für mich die größte Herausforderung“, meint Trainerin Ioana Spataru. Unter anderem mit Methoden aus der Lebensberatung sorgt sie dafür, die Motivation zu erhalten, das Selbstbewusstsein zu stärken und das Ziel im Auge zu behalten. So ermöglicht es zum Beispiel die Frage „Wo siehst du dich in fünf Jahren?“, die auch in Vorstellungsgesprächen häufig gestellt wird, sich eigenen Entwicklungsmöglichkeiten bewusst zu werden.

Dass ein Berufsweg nicht unbedingt gradlinig verlaufen muss, sondern sich über verschiedene Stationen auch erst ein grundlegendes Interesse herauskristallisieren kann, weiß Projektleiter Alexander Kubinyi aus eigener Erfahrung: Als 15-Jähriger hat er im Einzelhandel angefangen und dort auch die Lehre abgeschlossen, dann aber in ganz unterschiedlichen Berufen und Branchen gearbeitet, zum Beispiel als Disponent beim Postbus und den ÖBB. Sogar bis nach Syrien hat es ihn verschlagen, wo er ein Jahr lang beim UNO-Einsatz auf den Golanhöhen verbracht hat.

Über eine Coaching-Ausbildung und als Berater von Langzeitarbeitslosen ist der 50-Jährige zu seiner jetzigen Tätigkeit im ipcenter gekommen: „Ich habe gemerkt, dass ich über ein großes Empathievermögen verfüge, mich gut in andere hineinversetzen kann und Menschen dabei unterstützen möchte, Lösungen zu finden, die für sie funktionieren.“ Da er selbst immer bestrebt sei, sich weiterzuentwickeln, mache es ihm bei seiner Arbeit besonders viel Freude, wenn er sehe, wie das anderen Menschen gelinge. Für Alexander Kubinyi und sein Team heißt Power-UP! daher vor allem eines: „Probleme lösen und so rasch wie möglich Nägel mit Köpfen machen!“ Erfolg bedeutet für sie, wenn sie die jungen Arbeitssuchenden in eine passende Ausbildung oder einen passenden Job vermitteln können, wie es ihnen bereits kurz nach Projektstart bei einer Teilnehmerin gelungen ist.