Bildungsprojekte

Mit Realismus zum Traumjob: #job.move eröffnet Jugendlichen Perspektiven

Vesile Ismetova ist 17 Jahre alt, zierlich und zurückhaltend. Doch die ruhige junge Frau weiß genau, was sie will: „Ich möchte medizinische Verwaltungsassistentin werden“, sagt sie leise, aber mit Nachdruck. Dass es diesen Beruf überhaupt gibt, hat sie bei #job.move erfahren, einem Angebot vom ipcenter in Kooperation mit dem BFI. In den freundlichen Kursräumen in der Davidgasse 92-94 finden junge Menschen zwischen 16 und 20 Jahren Orientierung auf dem Weg in die Berufswelt. 5 bis 15 Wochen verbringen sie hier im Auftrag des AMS mit beruflicher Orientierung: Sie entwickeln realisierbare Berufs- und Ausbildungspläne, erweitern ihre Basiskompetenzen in Deutsch, Mathematik und Englisch und optimieren ihre Bewerbungsunterlagen.

Ein wichtiger Punkt auf der To-do-Liste der 15 Trainer:innen ist die Förderung der beruflichen Mobilität. „Vielen der jungen Leute, die zu uns kommen, fehlt die Motivation zum Arbeiten, weil sie nicht recht wissen, welchen Beruf sie ergreifen sollen oder weil sie sich auf einen Bereich festgelegt haben, in dem es wenige Lehrstellen gibt“, erzählt Vassilena Georgieva, seit drei Jahren Trainerin bei #job.move. „Viele Burschen wollen unbedingt in den Kfz-Bereich, finden dort aber keinen Ausbildungsplatz und kommen dann ins Nichtstun.“ Ihnen alternative Möglichkeiten wie zum Beispiel eine Lehre zum Karosseriebautechniker und zum Lackierer aufzuzeigen und sie durch kleine Aufgaben wie das Formulieren eines AMS-Inserats zu aktivieren ist eine wichtige Aufgabe für die Trainer:innen. „Wenn sie eine Alternative sehen, sind die Jugendlichen gleich viel motivierter“, hat Vassilena Georgieva beobachtet. Außerdem versucht sie ihnen zu aufzuzeigen, welche Fähigkeiten sie mitbringen und welche Erfolge sie schon in ihrem Leben errungen haben. „Erfolg, das ist ja nicht nur ein großes Auto oder eine Karriere, das sind ja auch die kleinen Ziele im Leben“, meint die Trainerin. Sie wahrzunehmen und so das Positive im Leben zu bemerken, wirken sich positiv auf die Motivation aus.

Yvonne Kocar im Gespräch

Für das ipcenter leitet Yvonne Kocar das Projekt, das im Mai 2022 im Auftrag des AMS gestartet wurde: „Mir ist wichtig, dass hier nicht Zahlen im Mittelpunkt stehen, sondern dass es menschlich zugeht.“ Ob die Jugendlichen die Maßnahme annehmen, hängt ihrer Erfahrung nach stark davon ab, ob sie sich wohlfühlen und ob sie Ansprechpartner:innen vor Ort finden, die sich für ihre Probleme interessieren und ihnen helfen wollen. Ein persönliches Ambiente schafft sie allein dadurch, dass sie sehr viele der Jugendlichen beim Namen kennt, obwohl diese nur wenige Wochen im Haus sind und sie selbst die meiste Zeit mit ihrer Arbeit im Büro verbringt. „Wer hier arbeiten möchte, braucht eine positive Ausstrahlung, sollte also gut drauf sein. “

Eine gute persönliche Beziehung zu den jungen Teilnehmenden herzustellen ist auch für Alexander Filz essenziell. Er ist seit 20 Jahren Trainer, war zuerst in der Erwachsenenbildung und arbeitet seit fünf Jahren mit Jugendlichen. „Es ist wichtig, ihr Vertrauen zu gewinnen, um als Ansprechpartner bei Problemen helfen zu können.“ Eine positive Gruppendynamik sei ebenfalls wichtig, um Motivationsproblemen, die häufig mitgebracht werden würden, zu begegnen. „Wenn ich ganz am Anfang frage, warum sie hier sind, sagen viele Jugendliche, na ja, das AMS habe sie eben hergeschickt. Aber es stellt sich sehr schnell heraus, dass sie eigentlich auf der Suche nach einer Lehrstelle, nach einem Beruf, nach Orientierung sind.“

Trainer unterstützt Teilnehmende beim Arbeiten

Mit der Suche nach Orientierung im Leben sind die jungen Menschen ja nicht allein. „Ich erzähle deshalb auch von mir selbst, zum Beispiel davon, dass ich erst Nein gesagt habe, als ich kaufmännische Mathematik unterrichten sollte, weil ich es mir nicht zugetraut habe“, sagt Alexander Filz. Jetzt hat er Mathematik als Schwerpunkt und lernt dabei gern von und mit den Jugendlichen. Für alle, die individuelle Unterstützung brauchen, steht ein Sessel dicht neben dem Trainerschreibtisch. „Hierher hole ich die Jugendlichen einzeln, wenn sie bei einer Sache nicht weiterkommen, erkläre ihnen etwas und wir rechnen gemeinsam.“

Schönster Lohn der Mühe ist es für Alexander Filz, wenn die Jugendlichen das, was sie gerade gelernt haben, gleich darauf anderen in der Gruppe beibringen. Oder wenn sie bei dem Arbeitsauftrag „Mein Leben in drei Jahrzehnten“ eine realistische Budgetplanung erstellen. Jelica Mitrovic und Milica Jovenovic recherchieren gerade, wie hoch die Miete ihrer Wunschwohnung wohl in ein paar Jahren sein wird, und schätzen dann noch die flexiblen Ausgaben für Lebensmittel, Kosmetik oder Geschenke, die sie in Zukunft haben werden. „Uns war nicht klar, wie viel Geld wir brauchen werden“, sagt Milica und sieht nachdenklich auf die Zahlen. Die Motivation, mit einer passenden Ausbildung in die Zukunft zu investieren, steigt bei #job.move nicht nur dank dieser Übung deutlich an.

Motivationsprobleme im Kurs? Das können Trainer:innen tun:

  • Konsequenzen von fehlenden Qualifikationen verdeutlichen
  • Alternative Möglichkeiten aufzeigen
  • Bereits vorhandene Fähigkeiten bewusst machen
  • Auch kleine Erfolge wahrnehmen und würdigen
  • Gutes Lernklima durch persönliche Atmosphäre schaffen
  • Vertrauen aufbauen und so Ansprechpartner:in bei Problemen sein
  • Positive Gruppendynamik herstellen

 

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